Schnell Ermittelt 4.10 „Tommi Hotarek“: Ödipus.

„Nur der Papa tut mir a bissl Leid – der hat jetzt gar niemanden mehr.“

„Jetzt stell dich nicht so an, Franitschek, ist doch nur ein Ohr.“ Aber der Franitschek hat Recht, Frau Chefinspektorin – denn das Ohr wurde einem Mann kurz nach seinem Tod abgeschnitten und anschließend im Tiergarten gefunden. Bald wird auch der dazupassende Leichnam gefunden: Tommi Hotarek, ehemaliger Schlagerstar, dann Obdachloser, jetzt gar nichts mehr.

Quelle: ORF/Petro Domenigg, facebook-Seite der Serie

Maja (Katharina Straßer) endlich wieder in ihrem Element, Kemal (Morteza Tavakoli) nocht nicht ganz. Trotzdem sind Angelika (Ursula Strauss), Franitschek (Wolf Bachofner) und ich (Hannes Blamayer, nicht im Bild) froh, dass sie wieder mitmischen. (c) Pedro Dominegg

Andernohrts (haha) tritt Ulrich näher in Angelikas Leben ein, indem er die Kinder kennen lernt, und Angelika findet endlich Lucy Haller wieder. Man merkt: Schnell Ermittelt befindet sich im Endspurt seiner vierten Staffel.

Im heutigen Fall begegnen Angelika und Franitschek der Schlagersängerin Pia, die ehemals mit Tommi gemeinsam einen Hit produziert hatte – und den Sohn Moritz. Diese leben mit Pias Manager Bernd Weiss als Familie, in der die Rollen klar verteilt sind – der verstörte, verwöhnte Sohn, der dominante Vater und die blasse Mutter. Dabei war Herr Weiss so ein Charakter, den man liebt zu hassen – grrr! Da sorgte es für Genugtuung, wie Angelika ihn mehrfach so richtig zusammenstauchte.

Die anderen Nebencharaktere waren allerdings interessanter: Schnell Ermittelt ließ sich kurz Zeit zum Träumen, als man Angelika im Tiergarten mit Elias philosophieren ließ – da konnte man wohl dem Setting des wunderschönen Aquariums nicht widerstehen. Seine Mitarbeiterin Sophie war angenehm undurchschaubar und wurde von einer echt furchteinflößenden Mutter bewacht. Doch am meisten faszinierte mich Tommis ehemalige Liebhaberin, die Obdachlose Regina Biro. Oft fehlen den Überlieferungen der Todesnachrichten die Durchschlagskraft, aber Reginas (Birgit Linauer) Reaktion war wirklich berührend. Da stimmte vieles zusammen – die Schauspielkunst, die Hintergrundmusik und die Requisiten (die Fankarte Reginas). Für mich eins der Highlights der Folge.

Für ordentlich Drama sorgte dann aber auch die Resolution des Falls: Moritz stellte sich als Mörder heraus, der seine Tat damit begründete, dass es ja eh nur ein Sandler gewesen sei. Dann lernt er jedoch die Wahrheit kennen, nachdem damit schon mehrmals in der Folge gespielt worden war: Das Mordopfer war sein eigenener Vater. Zum Schluss verlieren alle – Moritz wird verurteilt werden, seine Mutter wird von ihm daraufhin verschmäht, und der Manager Bernd Weiss verliert seinen Ruf.Besonders tragisch sind Moritz‘ falschen Anschuldigungen an seine Mutter. Die Familie zerfällt in einem emotionalen Finale. Oder um es mit Bernds eigenen Worten zu sagen: „Es gibt eben Leute, die haben alles, und Leute, die haben nichts.“

Menschen:

Maja ist auch wieder im Bilde, und wie! Ich glaub, ich hab sie noch nie so gern gehabt als in dem Moment, in dem sie über die Zwick lästert. Diese machte ich ja zum Teil dafür verantwortlich, dass der Fall von letzter Woche der schwächste der vierten Staffel war. Mit dieser rechnete Maja (und vielleicht auch die Autoren?) aber ab, bezeichnete sie als Obersterberin vom Jahrgang und ließ Angelika versprechen, dass sie die Zwick nie wieder anfordert. Hurra!

Lange hat man darauf warten müssen, dass Ulrich endlich die Kinder kennen lernt – hat aber auch wirklich lang genug gedauert! Ich muss sagen, dass mich das sehr verunsichert, was seine Zukunft in der Serie betrifft: einerseits mögen ihn die Kinder und er passt gut zu Angelika, andererseits weißt er immer wieder darauf hin, dass er ein unruhiger Geist ist, der nicht so leicht an einem Ort verweilen kann. Und auch Angelika scheint sich nach einem Gespräch mit Franitschek Ulrichs Heiratsantrag noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Allerdings bezweifle ich, dass die Serie bei der derzeitigen Konstellation bleiben wird, da Stefan derzeit eigentlich niemanden hat, an dem er sich ausleben kann: Es gibt eine Grenze, wie oft es interessant ist, dass er heimlich immer noch gern ab und zu in Angelikas Haus versehentlich einschläft.

Jan (Simon Morzé) und Kathrin (Fiona Hauser) lernen Ulrich (Mišel Matičević) bei einem idyllischen Abendessen kennen. Dabei ist auch noch Jans Freundin Nora.

Höhepunkt und Cliffhänger der Episode war allerdings Lucy Haller, die wir erstmals nicht als Vision zu Gesicht bekamen. Die Belichtung und die schaurige Musik (gern noch lauter bei intensiven Szenen wie dieser!) hüllten sie weiterhin in einen Kokon aus Mysterium – wirklich ein idealer Übergang zwischen dem Mädchen mit dem rosa Haarband und dem entführten Mädchen, das nun scheinbar gemeinsam mit einem Mann namens Manfred Fistner zusammenlebt. Ich will ganz ehrlich sein: Ich hätt fast ein lautes „Ja!“ gerufen, als Angelika sie erspäht hat. Endlich endlich, das wurde auch Zeit – grad in den letzten paar Episoden war die Dringlichkeit dieses Falls wegen fehlender Visionen und Fortschritten ziemlich flöten gegangen. Schnell Ermittelt hat nur noch zwei weitere Folgen vor sich, und es ist stark davon auszugehen, dass die Serie sich innerhalb dieser um Lucy kümmern wird. Ich hoffe sehr, dass man hier schon in der nächsten Episode weit mehr getan wird und Lucy nicht bloß auf den allerletzten Fall geschoben wird. Aber das sehen wir dann ja nächste Woche.

Bla:

– Wie Angelika sofort den Puls checkt, als die Regina Biro trunken in ihrer Wohnung liegt. Für eine Sekunde hab ichs auch geglaubt.

– Wieder ist es Karin, die die prominentere Rolle der zwei Kinder trägt. Sie und Jan kommen gut mit Ulrich aus – nicht auszuschließen, dass es in Zukunft mehr Familienszenen mit Ulrich als Ersatzpapa oder Zweitpapa geben wird.

– Ein Wort zu Stefans Liedern in der Leichenhalle: Ich habe nichts dagegen, habe mir aber sagen lassen, dass manche Zuseher das ein wenig pietätlos finden. Ähnlich wie mit der bewusst detaillierten Darstellung der Leichen provoziert Schnell Ermittelt da halt bewusst.

– Manchmal fand ich die Dialoge ein wenig schwierig zu verfolgen. Wie kam denn Angelika plötzlich auf die Idee, den Franitschek nach seiner alten Liebe zu fragen? Als Franitschek hätt ich gar nicht verstanden gehabt, dass sie nach seiner alten Beziehung fragt.

– Huh, es überrascht mich, dass der Franitschek die Angelika da so schnell heiraten lassen würd.

– Franitschek als Angelikas Manager: „Ohne mich wär sie nichts.“

– Stefan möchte nicht mit Angelika über Ulrich reden. Ach Stefan, du armer Hund, hast auch gar kein Glück in letzter Zeit.

„Nur weil so ein durchgeknalltes Punk-Mädchen irgendwelche Geschichten erzählt bestellen Sie uns hierher?“  Ich hätte es nicht besser formulieren können, Angelika: „Sind’s so nett, halten’s doch bitte endlich den Mund, ja?“

Fazit: 8,0 von 10 Punkten.

„Tommi Hotarek“ ist ein tragischer Fall mit tollen Nebencharakteren und besonders starkem Ende. Endlich sehen wir auch Maja mal wieder in prominenterer Rolle, und Ulrich entwickelt tatsächlich die Chance, bei Angelika zu bleiben – spannend. Der Hunger auf eine Resolution des Lucy Haller-Falles wächst jedoch, und hier werden wir mit einer fantastischen Szene und Entwicklung diesbezüglich verwöhnt. Bleibt zu hoffen, dass rasch daran aufgebaut wird und nicht nur die finale Folge dafür verwendet wird.

“Tommi Hotarek“ ist bis 3.4. hier frei und legal in der ORF TVthek verfügbar.

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